21.02.2021
Freie Wähler wollen „Bürgerbehörde statt Stadtresidenz“

Kreistagsfraktion gegen Anmietung einer weiteren Außenstelle in der Augsburger Innenstadt – stattdessen soll das Amt zu den Bürgern kommen

 

Beim Studieren der Haushaltsunterlagen stellte sich für die Mitglieder des Kreistages eher zufällig heraus, dass der Landrat beabsichtigt eine sechste Außenstelle für weitere 80-90 Mitarbeiter in der Augsburger Innenstadt anmieten zu wollen. In der letzten Sitzung des Kreisausschusses erfuhren die Mitglieder auf Nachfrage dann, dass bereits Mietverhandlungen über 1800m² Büroflächen in einem Objekt in der Volkhartstraße geführt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde diese Thematik in keinem öffentlichen Gremium diskutiert.

Die Vorsitzende der Freien Wähler Kreistagsfraktion Melanie Schappin kritisiert diesen Politikstil massiv: „Wir finden es wichtig und für unsere Demokratie unverzichtbar, dass inhaltlich relevante Entscheidungen für den Landkreis auch in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Wir bedauern zutiefst, dass die gewählten Mandatsträger bei der Standortfrage vom Landrat nicht eingebunden wurden, sondern über unsere Köpfe hinweg, derart essentielle und wegweisende Entscheidungen vorweggenommen werden sollten. Dabei ist es für die Zukunft unseres Landkreises elementar nicht nur das „ob“, sondern gerade auch das „wo“ und „wie“ gemeinsam zu beraten und entscheiden.

Die Freie Wähler Kreistagsfraktion sieht künftige Erweiterungen des Landratsamtes nämlich ausschließlich direkt im Landkreis und nicht mehr in der Stadt Augsburg.

Ein Schritt in die richtige Richtung wurde laut Schappin mit der Dezentralisierung der beiden Servicestellen in Schwabmünchen und Gersthofen bereits gegangen. „Diese Außenstellen werden von unseren Bürgerinnen und Bürgern sehr gut und dankbar angenommen“, so Schappin.

Auch der Landtagsabgeordnete und parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler Landtagsfraktion Dr. Fabian Mehring sprach sich bereits in der Vergangenheit dafür aus, mit einem bürgernahen, modernen und serviceorientierten Landratsamt näher an die Landkreisbevölkerung heranzurücken. „Nicht nur wegen der beträchtlichen Mietpreise in der Augsburger Innenstadt sollten wir das Landratsamt vom Image einer pompösen Stadtresidenz befreien und zu einer zukunftsträchtigen Servicebehörde für unsere Bürgerinnen und Bürger im Herzen unseres Landkreises weiterentwickeln. Das Amt muss zu den Menschen kommen und nicht andersrum“, fordert Mehring.

Um diesen Servicegedanken in die Tat umzusetzen kann sich Mehring vorstellen, dass der Landkreis größere Servicestandorte im Süden, Westen und Norden des Landkreises errichtet oder ausbaut. Um die Ressourcen des durch die Corona-Krise angeschlagenen Landkreises zu schonen und Synergien zu nutzen, könnte sich Mehring die Realisierung auch durch die kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft vorstellen.

„Wir sehen hierdurch nicht nur eine deutliche Entspannung und Entzerrung der Verkehrssituation in Stadt und Land, sondern auf Dauer auch ein deutliches Einsparpotential von teuren Mieten. Vor allem aber wäre die Erreichbarkeit für unsere Bürgerinnen und Bürger deutlich verbessert“, konstatiert auch 1. Bürgermeister der Stadt Gersthofen und Kreisrat Michael Wörle, der sich z.B. auf Gersthofer Flur einen möglichen größeren Standort sehr gut vorstellen könnte.

Bisher wurde aber zumindest Wörle weder von der Kreisverwaltung noch vom Landrat über mögliche Standorte für eine weitere oder größere Außenstelle kontaktiert, obwohl sich die Lage an der Bahn zwischen B2, B17 und A8 geradezu anbiete.

„Dabei könnten wir durch entsprechende Maßnahmen unsere eigene Wirtschaftsregion deutlich stärken. Diesen Effekt werden wir nach der Corona-bedingten Rezession, die wir gerade durchlaufen, dringend brauchen“, betont Schappin.